Montag, 24. März 2014

Warum der Geissberg Gämsberg heissen sollte

Hohe Gipfel? Und dann noch im Aargau? Nun, ein hoher Gipfel ist eine Frage der Perspektive: Für ein dreijähriges Kind sind 350 Meter Aufstieg schon sehr ordentlich. So hoch hinauf geht es nämlich. Und es ist durchaus möglich, dort Gämsen zu beobachten, ist dort doch eine der zwei grösseren Gämskolonien im Aargau beheimatet.
Auf dem Weg zum Villiger Geissberg


Der Ausgangspunkt unserer Wanderung ist Remigen in der Nähe von Brugg. Vom Dorfzentrum steigen wir zum Wald hoch. Der Blick schweift über die Ebene Richtung Bruggerberg. An den Hängen rechts des Weges wachsen die Reben, die typisch sind für das Winzerdorf. Unsere beiden Jungs sind übermütig, sie rennen hin und her wie Hunde. Dabei verpassen sie das Labyrinth, das in den Erdboden gegraben ist und dem Fussbodenlabyrinth der Kathedrale von Chartres nachempfunden wurde. Gegen Villigen zu entdecken wir am Waldrand einen Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Er gehört zu einer ganzen Serie von Bunker, die die Sperrstelle Villigen am Geissberg bildeten. Beim Schlossberg beginnt der Aufstieg zur Ruine Besserstein. Doch vorher können sich die Kinder noch im Spielwald erholen. Die „Spielgeräte“ bestehen alle aus dem, was man im Wald so findet: Holz, Steine, Stecken usw.
Bunkeranlage aus dem 2. Weltkrieg
Noch ein paar Stufen zum Aussichtspunkt
Schöne Aussicht über das Aaretal
Nun steigt der Weg aber an. Im Zickzack gewinnen wir schnell an Höhe. Auf einer Bank unterhalb des Aussichtspunktes rasten wir im Windschatten, denn es ist noch kühl an diesem Märzsonntag. Ich hebe einen Stein auf – und finde darauf einen Abdruck einer Muschel. Das macht die Wanderung für die Kinder grad nochmals spannender. Zuoberst finden sich Reste von Wehrbauten aus 3000 Jahren. Die älteste stammt aus der späten Bronzezeit. 1244 wurde erstmals die Burg Besserstein erwähnt, die aber schon anfangs 14. Jahrhundert verlassen wurde und zerfiel. 1939/1940 wurde wie schon erwähnt ein umfangreiches Bunkersystem gebaut. Die Aussicht reicht vom Schwarzwald über das Mittelland bis zu den Alpen. Unter anderem blickt man auf das Paul-Scherrer-Institut mit dem markanten runden Gebäude der Synchrotron Lichtquelle (näheres unter http://www.psi.ch). Auf Forststrassen wandern wir nun auf dem Rücken des Geissberges durch typischen Mittellandwald.
Ein Saurierfuss?
Mondlandschaft: Kalkabbau am Gabenchopf durch die Holcim
Auf dem höchsten Punkt, mitten im Wald (und auf einem Bunker)
Auf einmal öffnet sich rechter Hand der Wald. Ein grosser Wall verdeckt jedoch die Aussicht. Wir erklimmen diesen und schauen auf einen riesigen Steinbruch. Hier wird Kalkstein zur Zementproduktion abgebaut. Radlader, deren Schaufeln 20 Tonnen Gestein fassen, laden dieses auf Muldenkipper mit 100 Tonnen Fassungsvermögen. Die Ladung wird zum Steinbrecher transportiert, von dort mittels eines 3.8 Kilometer langen Förderbandes zur Zementfabrik.
Inzwischen ist die angekündigte Kaltfront da, wir spüren sie deutlich. Die Wolken werden auch immer dichter und dunkler. Wir folgen weiter der Waldstrasse bis zur grossen Antenne und erreichen damit fast den höchsten Punkt. Wie im Tafeljura üblich folgt nun ein steiler Abstieg auf einem schmalen Weg. Bald erreichen wir Bürersteig, wo wir gerade eben den Bus vorbeifahren sehen. Da unsere Kinder immer aufgedrehter statt müder werden, folgen wir dem Wanderweg nach Remigen. Zwischen dem Bützberg und der Burghalde liegt ein stilles Tal, nur die Vögel zwitschern inbrünstig. Bald kommt Remigen in Sichtweite. Die ersten Rebberge säumen die Hänge. Wir treffen auf einen Wegweiser: „Römerrebberg“. Wir sind auf den Reb- und Kulturweg geraten. Wir erfahren, dass bereits die alten Römer vom Legionslager Vindonissa hier Reben anbauten. Sie tranken den Wein selten pur, sondern verdünnten ihn mit Wasser. Wer ihn unverdünnt trank, galt als Säufer.
Zeichen des Frühlings: Blühende Kornellkirsche
Der Römerrebberg bei Remigen
Hier endet nun unsere Wanderung. Kaum sind wir losgefahren, beginnt es zu regnen. Das nennt sich Timing. Die Gämsen haben sich wohl extra vor uns versteckt, aber vielleicht haben Sie ja mehr Glück.

Diese und weiter Touren finden Sie hier:

1 Kommentar:

  1. Hallo Gisella, bis eben war ich mir noch sehr sicher :-) Nun bin ich mir nur noch ziemlich sicher. Habe mich mal hier schlau gemacht: http://de.wikipedia.org/wiki/Kornelkirsche Das Bild habe ich am Waldrand gemacht. Wäre es eine Zaubernuss, wäre es ein Neophyte und müsste entfernt werden, da diese Pflanze ursprünglich aus China stammt und bei uns nur als Ziergehölz wächst, nicht aber ausserhalb von Gärten (oder sollte eben nicht).
    Liebe Grüsse
    Urs

    AntwortenLöschen